Freiberufler und Selbstständige berechnen in ihren Rechnungen an Mandanten und Kunden die gesetzliche Umsatzsteuer. Vereinnahmen sie im Jahr mehr als 1.000 € Umsatzsteuern, sind sie verpflichtet, dem Finanzamt jedes Quartal eine Umsatzsteuervoranmeldung einzureichen und die vereinnahmten Umsatzsteuern an den Fiskus abzuliefern.
Übersteigen die Umsatzsteuern 7.500 €/Jahr muss die Umsatzsteuervoranmeldung sogar monatlich erfolgen.
Der damit verbundene Aufwand ist hoch und bindet Arbeitskraft. Da der Sachbearbeitungsaufwand auch für den Fiskus groß ist, befreit das Umsatzsteuergesetz Freiberufler und Selbstständige von der Umsatzsteuerpflicht, wenn ihre Umsätze gewisse Grenzen nicht überschreiten.
Dieser Personenkreis zählt als „Kleinunternehmer“ und kann die „Kleinunternehmerregelung“ des § 19 Abs. 1 UStG in Anspruch nehmen.
Für jeden Freiberufler und Selbstständigen stellt sich daher die Frage, ob er Umsatzsteuern berechnen soll oder die Kleinunternehmerregelung Vorteile bietet.
Wie funktioniert die Kleinunternehmerregelung?
Wer eine freiberufliche oder selbstständige Tätigkeit aufnimmt, erhält von seinem örtlichen Finanzamt einen Fragebogen (Betriebseröffnungsbogen) übersandt. Freiberufler müssen ihre Tätigkeit selbst beim Finanzamt anmelden, Selbstständige, die gewerblich tätig sind, melden ihr Gewerbe beim Gewerbeamt ihrer Gemeinde an. Das Gewerbeamt informiert von sich aus das Finanzamt.
Freiberufler sind allerdings nur insoweit betroffen, als sie auch umsatzsteuerpflichtig sind. Dafür ist § 4 UStG maßgeblich .Ärzte beispielsweise sind umsatzsteuerfrei, Rechtsanwälte hingegen nicht. Wer sich einordnen will, sollte ins Gesetz schauen.
Der dem Grundsatz nach umsatzsteuerpflichtige Unternehmer hat dann zwei Möglichkeiten.
Möglichkeit 1: Er optiert zur Umsatzsteuer
Er kann im Betriebseröffnungsbogen auf den Regelfall „Kleinunternehmerregelung“ verzichten und damit zur Umsatzsteuer „optieren“. Dies bedeutet, dass er dann umsatzsteuerpflichtig ist und in seinen Rechnungen die gesetzliche Umsatzsteuer mit allen Konsequenzen ausweisen muss. Er bleibt dann fünf Jahre lang an seine Entscheidung gebunden und kann nicht mehr die Kleinunternehmerregelung beantragen.
Wer umsatzsteuerpflichtig ist, ist aber zugleich auch vorsteuerberechtigt. Die Vorsteuerabzugsberechtigung hat den Vorteil, dass Freiberufler und Selbstständige die Umsatzsteuern, die ihnen von anderen Unternehmen in Rechnungen gestellt und von ihnen selbst bezahlt werden, als Vorsteuern geltend machen können.
Die selbst bezahlten Vorsteuern werden mit den vereinnahmten Umsatzsteuern verrechnet. Nur die Differenz wird an den Fiskus abgeführt.
Möglichkeit 2: Er optiert zur Kleinunternehmerregelung
Die Alternative ist, dass der Freiberufler oder Selbstständige die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt. Dies führt dazu, dass er in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuern ausweisen braucht und auch nicht ausweisen darf.
Er erspart sich den damit verbundenen Aufwand der Vereinnahmung, Abrechnung und Abführung an den Fiskus. Zugleich verliert er das Recht, die Vorsteuern aus selbst bezahlten Rechnungen Dritter mit den (dann nicht) vereinnahmten Umsatzsteuern zu verrechnen.
Bedingungen zur Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung
a. Umsatzgrenze 17.500 EUR brutto im Vorjahr
Die Kleinunternehmerregelung setzt voraus, dass der Umsatz höchstens 17.500 € beträgt. Im Jahr der Betriebsaufnahme müssen Gründer ihren Umsatz schätzen. Schätzt der Gründer den Bruttoumsatz auf weniger als 17.500 €, gilt er als Kleinunternehmer. Übersteigt der Umsatz die Umsatzgrenze, wird er dennoch erst im folgenden Kalenderjahr umsatzsteuerpflichtig.
Maßgebend ist der Bruttoumsatz. Die Umsatzgrenze von 17.500 € ist auf die Nettoumsätze herunterzurechnen (§ 19 I 1 UStG). Der Grenzwert des Nettoumsatzes liegt bei einem Umsatzsteuersatz von 19 % bei 14.705 EUR. Die 19 % Umsatzsteuern sind in Gedanken dazurechnen. Nur derjenige, der unterhalb des Bruttogrenzbetrages von 17.500 € bleibt, zählt als Kleinunternehmer.
Wer seinen Betrieb im Laufe des Jahres gründet, muss den zu schätzenden Umsatz auf den Jahresumsatz hochrechnen. Beispiel: Der Unternehmer startete am 1.10.2015.
Bis zum Jahresende kalkulierte er 15.000 € Umsatz inklusive der Umsatzsteuer. Daraus errechnet sich ein monatlicher Umsatz von 5.000 EUR und damit ein hochgerechneter Jahresumsatz von 60.000 €. Er kann daher die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch nehmen.
b. Umsatzgrenze 50.000 EUR im Folgejahr/laufenden Kalenderjahr
Im auf das Gründungsjahr folgenden Kalenderjahr muss der Kleinunternehmer zusätzlich die Umsatzgrenze von 50.000 € brutto einhalten. Der Nettoumsatz bei einem Steuersatz von 19 % darf maximal bei 42.016 € liegen. Überschreitet er diesen Grenzwert, wird er im Folgejahr umsatzsteuerpflichtig und muss zwangsläufig auf seine Umsätze die Umsatzsteuer erheben und ausweisen.
Was passiert, wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden?
Übersteigt der Jahresumsatz die Schätzung von höchstens 17.500 € bzw. 50.000 €, bleibt der Kleinunternehmer im laufenden Jahr dennoch Kleinunternehmer. Erst im folgenden Kalenderjahr stellen sich Konsequenzen ein.
Beispiel: Kleinunternehmer Müller erreicht im Jahr 2015 25.000 EUR Nettoumsatz. Für 2015 darf trotzdem als Kleinunternehmer handeln. Erst im Jahr 2016 erfasst ihn die Regelbesteuerung und er wird umsatzsteuerpflichtig.
Wie wirkt sich Kleinunternehmerregelung in der Rechnung aus?
Der Freiberufler oder Selbstständige erstellt als Kleinunternehmer seine Rechnungen „brutto für netto“. Er darf daher keine Umsatzsteuer ausweisen. Um den Kunden zu informieren, ist folgender Hinweis üblich: …“Als Kleinunternehmer berechne ich gemäß § 19 I UStG keine Umsatzsteuer und verzichte auf die Anwendung der Regelbesteuerung“ … .
Kleinunternehmerregelung: Vorteile
Als Kleinunternehmer brauchen Freiberufler oder Selbstständige keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Sie ersparen sich einen teils erheblichen Aufwand, der bei der Berechnung, Erfassung und Abführung der vereinnahmten Umsatzsteuern an den Fiskus anfällt.
Auch kommt er nicht in die Verlegenheit, die treuhänderisch für den Staat zu vereinnahmenden Umsatzsteuern für eigene Zwecke zu missbrauchen und sich dem Risiko des Umsatzsteuerbetruges auszusetzen. Manch ein Freiberufler stolpert über diese scheinbar harmlose Verantwortung für fremdes Geld.
Vorteilhaft erscheint der Wettbewerbsvorteil des Kleinunternehmers. Da er keine Umsatzsteuer zu berechnen braucht, fällt seine Preiskalkulation gegenüber Mandanten und Kunden günstiger aus als die der Konkurrenten, die dem Mandanten zusätzlich die Umsatzsteuer berechnen.
Setzt er den gleichen Preis wie der Konkurrent fest, darf er die gedanklich einzubeziehende Umsatzsteuer für sich behalten, wohingegen der umsatzsteuerpflichtige Konkurrent die Umsatzsteuer an den Fiskus abführen muss.
Kleinunternehmerregelung: Nachteile
Nachteilig ist, dass der Kleinunternehmer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Soweit gerade in der Gründungsphase hohe Investitionen anfallen, sind die dabei anfallenden Umsatzsteuern verloren.